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Boxenstop

  • Immagine del redattore: Anna Maria
    Anna Maria
  • 5 feb 2022
  • Tempo di lettura: 6 min

21. Januar - 3. Februar --- 86. - 100. Reisetag

Als ich frühmorgens aus den hintersten Gängen der Ställe hervorkam um Heu für die Pferde zu holen, war vorne schon emsiger Betrieb. An diesem Wochenende fanden auf Borgo Hermada die nationalen spring-Concours statt und somit fingen die Reiter schon früh mit dem Training an. Unbeeindruckt von den blitz-blanken weissen Reithosen und den Duftwolken, holte ich mir, in meinen abgerissenen Jeans und der dreckigen Reisejacke, einige Gabeln Heu und versorgte meine Pferde. Nach etwa drei Stunden ritt ich los, mich fühlend wie ein tiefschwarzes Schaf unter all den weissen Lämmer, mit meinen kleinen, robusten Pferden und dem Cowboy-Hut. Die Menschen um und auf dem Platz, in dem sie ihre grossen, glänzenden Springpferde warm ritten, beäugten uns mit neugierigen Blicken, kaum glaubend was da aus dem hintersten Eck dieses riesigen Reithofes gemütlichen Schrittes hinausgelaufen kam.

Ich entspannte mich erst als wir auf einer Nebenstrasse waren und ich Sparta frei liess. Vor uns lag ein strahlend schöner Tag und Terracina, das nächste Städtchen. Da Borgo Hermada nicht weit davon entfernt war, brauchten wir nicht lange um durch die Periferie in das Zentrum zu gelangen. Ich suchte mir eine Nebenstrasse die parallel zur grossen Appia und zur Küstenstrasse verlief, in der Hoffnung auf weniger Verkehr und Menschen zu stossen. Dies war dann auch lange der Fall, aber durch das Zentrum musste ich sowieso gehen. Dort traf ich auf viele nette Menschen, die mich kurz anhielten um mir die üblichen Fragen zu stellen. Unter ihnen war einer der mich dabei, mit meinem Einverständnis, filmte, was das ganze zu einer Art Interview machte. Erst später sollte ich herausfinden was es wirklich damit auf sich hatte…

Nach der Durchquerung des Ortes, trotteten wir auf der Hauptstrasse dem Meer entlang. Ich genoss es wieder dieses wunderbare Blau neben mir zu haben, meinen Blick auf den Horizont zu heften und die Gedanken schweifen zu lassen. Als ich durch eine kleine Feriensiedlung ritt, um an den Strand zu gelangen, wurde ich von einem netten Römer zum Kaffee eingeladen, den ich gerne annahm. Wir plauderten eine Weile, dann begleitete er mich mit dem Fahrrad bis ans Ende der Strasse und erklärte mir den Weg zum Strand. Ich folgte seinen Wegbeschreibungen und war überglücklich, als ich Sparta endlich wieder freilassen konnte. Wie ein Blitz schoss sie hin und her auf dem Sand, Löcher buddelnd, umherspringend, mit Plastikflaschen und Schwemmholz spielend. Ich lief mit dem Pferden ein wenig durch das seichte Wasser, um ihre Sehnen zu kühlen und sie an die Wellen zu gewöhnen und setzte dann den Weg auf dem nassen Sand fort, wo sie besseren Halt fanden.

Nachmittags zogen Wolken auf und kurz vor meinem Ziel, welches sehr nahe am Meer lag, nieselte es sogar.

Herzlich wurde ich auf dem kleinen Reiterhof aufgenommen, den ich am Tag zuvor kontaktiert hatte. Es hätte keinen grösseren Unterschied zu Borgo Hermada geben können… Zwar war auch dieser Stall im Tourniersport tätig, jedoch ausschliesslich im Barrel Racing, eine amerikanische Disziplin. Die Menschen gingen so freundschaftlich mit mir um, dass ich mich sofort zuhause fühlte. Ich hatte dort einige interessante Gespräche und Bekanntschaften, und versprach, ihnen eine Ausbildungssaison zur Hand zu gehen, falls ich wieder in den Norden kommen würde.

Am nächsten Morgen ritt ich glücklich los, die Sonne schien wieder über den Gemüsehallen und ich nahm Kurs Richtung Berge. Kurz vor Sperlonga bog ich nach links ab, und beschritt die kurvige Strasse, die mich nach Itri bringen würde. Der Küste konnte ich nicht weiter folgen, denn vor Gaeta wimmelte es von unbeleuchteten Tunnels, was den sicheren Tod durch einen unvorsichtigen Lastwagenfahrer für mich und meine Tiere bedeutet hätte. Und so stiegen wir hinauf, bewunderten die Küste von den Bergen aus, bis die Strasse uns ins Hinterland führte, weg vom Meer. Die wilde, karge, mediterrane Flora wich Olivenbäumen und Korkeichen. In dem ersten, flachen Tal, wurde ich von einer Familie im Auto angesprochen. Als sie hörten, dass ich noch keine Übernachtungs-Gelegenheit gefunden hatte, stellten sie mir ihren Olivenhain zur Verfügung. Eine weitere Stunde brauchte ich um ihn zu erreichen, da er sich kurz vor dem Ortseingang befand. Als ich die Pferde versorgt hatte und das Nachtlager aufgestellt war, brachte mich Graziella, zusammen mit ihrer Tochter, zu ihnen nach Hause um zu duschen und einen warmen Tee zu trinken, denn hier oben war das Klima deutlich rauer und kälter. Als wir zurückkamen, hatte Renato ein Feuer entfacht, um das wir noch stundenlang herumstanden, redeten und assen.

Als sie gingen, widmete ich mich den sozialen Medien, und wurde völlig überrascht. Das Interview-Video welches in Terracina aufgenommen wurde hatte in Windeseile abertausende Menschen erreicht. Dadurch bekam ich wahnsinnig viele Nachrichten, mit Einladungen, Komplimenten, Land- und Jobangeboten. Somit änderte sich mein bisheriges, ruhiges Abendprogramm, und wurde zu einer richtigen “Arbeit”. Ich hatte kaum Zeit einer Person zu antworten, als mir auch schon die nächste schrieb (das Video verbreitete sich seit dem mit jedem Tag weiter im Netz, und hat am gestrigen Tag, nach einer Woche, die stolze Anzahl von 2,3 Millionen Personen erreicht).

Am nächsten Tag bestand Renato darauf, mir das Frühstück zu bringen, und natürlich kam auch der ganze Rest der Familie um mich zu verabschieden. Es holte mich ausserdem Francesco, ein zuvor kennengelernter junger Reiter, ab: Mit seiner Stute im Anhänger fuhr er nach Formia, liess dort das Fahrzeug und ritt mir den ganzen Weg entgegen. Um wieder an die Küste zu gelangen, nahmen wir eine kleine Bergstrasse, die uns über die Hügel und dann steil hinab ans Meer führte. Wir genossen die fantastische Aussicht, den leichten Wind und die Musik der Kuhglocken der hier ansässigen, kleinen, weissen, stämmigen Rinder. Kurz bevor wir wieder auf befahrene Strassen gelangten, verzehrten wir die belegten Brote, die ihm seine Großmutter mitgegeben hatte.

Wir ritten zusammen der Hauptstrasse entlang bis zu der Tankstelle an der das Auto geparkt war und verabschiedeten uns voneinander.

Mein Weg führte mich noch weitere zwei Stunden der befahrenen Strasse entlang, wobei ich verschiedene Begegnungen mit Passanten und Autofahrer hatte, darunter auch einen Gemüsehändler der umbedingt den Pferden ein paar Gemüsereste geben wollte, was ich lachend annahm.

An diesem Abend rastete ich auf dem Land eines Freundes von Renato, kurz vor dem Ortseingang Scauri. Es war ein relativ grosses Stück und komplett eingezäunt, was mir ermöglichte die Pferde ohne weiteres frei zu lassen, und mitten in der Weide das Zelt aufzuschlagen. Es kam bis jetzt nur äusserst selten vor, dass ich diese Gelegenheit bekam. Ich liebe es im Zelt zu liegen und den Essgeräuschen direkt neben mir zu lauschen, zu hören wie sie vorbeirennen, wenn sie etwas erschreckt hat, oder die Klappe aufzumachen und sie direkt vor dem Zelt schlafend vorzufinden… Dies sind die Momente in denen ich ihnen am nächsten bin.

Am nächsten Tag folgte ich einer Einladung einer Frau aus Marina di Minturno, was zwar nur wenige Kilometer entfernt war, sich jedoch irgendwie richtig anfühlte. Wir legten fast die ganze Strecke auf dem Strand zurück, wurden jedoch auf halbem Weg an einer Bar schon von Sara, meiner Kontaktperson, und Linda, ihrer Schwester, begrüsst. Sie waren gerade auf dem Weg um Heu und Kraftfutter zu organisieren, als sie mich auf dem Sand entdeckt hatten. Zufällig war auch ein ehemaliger Gemeindepräsident zugegen, der mir Kaffee und Gebäck anbot… Und so fing mein Aufenthalt bei dieser Familie an, der sich länger hinzog als ich dachte, denn Bamiro verletzte sich am nächsten Morgen am Bein, an einem übersehenem Metalldraht. Der Schnitt war zwar nicht an einer gefährlichen Stelle, und es wurden weder Sehnen noch Nerven beschädigt, doch er war etwa drei-vier Zentimeter lang und durchtrennte die ganze Hautschicht, bis auf den Muskel. Ein Tierarzt, ein Freund der Familie, schaute vorbei und gab mir Antibiotikum zur täglichen Verabreichung, und von da an wusch ich die Wunde zweimal am Tag im Meer aus, das nur wenige Meter vom Haus entfernt war, um sie danach zu behandeln. Ausserdem nutzte ich die Zeit um mich herumführen zu lassen, was Sara nur allzu gerne tat. Linda hingegen lud den Vize-Gemeindepresident und den Vorsitzenden des Kulturvereins von Minturno ein, die mich kennenlernen wollten. Ich lernte auch junge Leute aus der Gegend kennen, die mich ihrerseits herumführten und mir ihre Lieblingsorte zeigten.

Ich verbrachte die Tage mit der Pflege der Pferde, der Arbeit mit den sozialen Medien und dem entdecken der Gegend. Morgen geht es endlich weiter, die Wunde hat sich gut geschlossen, und es wird mich wieder Francesco begleiten, diesmal für ein paar Tage.




 
 
 
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